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Color Traces.
Eröffnungsrede von Dr. Antje Lechleiter, Freiburg, am Sonntag, 7. Oktober 2018, anlässlich der Vernissage im Rebay-Haus Teningen.

Sehr geehrte Damen und Herren,

"Color traces" also Farbspuren lautet der Titel dieser Ausstellung von Thomas Lefeldt. In der Tat liegen nur dünne Farbspuren oder eher Farbhäute über seinen Bildträgern. Das, was sich auf seinen Arbeiten reliefartig vom Untergrund abhebt, ist nämlich nicht einer pastos aufgetragenen Farbe, sondern verschiedensten Arten von Material geschuldet. Schon seit vielen Jahrzehnten betreibt Lefeldt eine Art von Farb- und Strukturgeologie, in der er bis an die Grenzen zur dritten Dimension geht.
Wie ich gleich näher ausführen werde, hat er schon mit Teer, Sand, Asche, Lava und getrocknetem Gras gearbeitet und auch die durch Öl- oder Acrylfarbe im Bild erscheinende Farbigkeit leitet sich von diesen Materialien ab. So dominieren neben Erdtönen Weiß und Schwarz, etwas Grün, Rot, Gelb und ein wenig Blau treten hinzu. Diese buntere Farbigkeit wird jedoch stets in ihrer Leuchtkraft abgeschwächt und fügt sich so in den Kreis der Naturtöne ein.
Im Flur hängt als Begrüßungsbild der Ausstellung die Komposition "Hekla XI", die vor 27 Jahren entstanden ist. Damals waren seine Arbeiten noch sehr materialbetont, dieses Bild besteht beispielsweise nicht nur aus Leinwand und Ölfarbe, sondern auch aus Teer, Sand und Lava. Lefeldt benutzte seine verschiedenen Materialien stellvertretend für das, was man ähnlich - aber eben nicht genau so - mit Farbe machen könnte. Teer, Sand und Lava betonen hier das Bild als physisches, materielles Objekt, malerisch und plastisch Geformtes durchdringen sich zu einem vieldeutigen und assoziationsreichen Bild, das den Prozess seiner Entstehung nicht nur nicht verbergen will, sondern selbst zum Thema macht. Einzelformen werden nicht selbstständig behandelt, sondern wird die Bildstruktur als ein fließendes System von sich überlagernden Farbzonen gesehen.
Der Mensch erscheint in diesen Kompositionen nie als Figur, doch über den Einsatz der Materialien und durch die gestaltende Aktion seines Körpers hat Lefeldt eine Spur in sie eingegraben und ist mit dieser in seiner Bildwelt präsent.
Ohne von Reminiszenzen an das Gegenständliche abgelenkt zu werden, eröffnet sich dem Betrachter damit die Gelegenheit, sich in diese vielschichtigen und reichen Sehzonen hinein zu tasten. In den 1990er Jahren begann Lefeldt damit, mehr und mehr auf und mit Papier zu arbeiten und mit dem Papier kam die etwas buntere Farbigkeit. Aber auch ohne materialschwere Bestandteile bliebt sein Vorgehen stark prozessorientiert. Lefeldt beginnt damit, sein Papier zu überkleben und setzt damit seine Kreativität in Gang. Es entsteht auf diese Weise ja etwas Haptisches und vor allem ist das Blatt nicht mehr weiß und leer. Wenn Sie genau hinsehen, werden Sie immer wieder auch Buchstaben der von ihm eingefügten Zeitungsausrisse erkennen. So wie zuvor Teer, Sand oder Lava auf den Untergrund aufgebracht wurden, so wächst nun durch diese Eincollagierung etwas aus dem Papier hervor, das - mehr oder minder stark - in die dritte Dimension hineingreift.
Damals wie heute ist Lefeldts Arbeitsweise am Informel orientiert, doch seine Bilder waren nie abstrakt gemeint und sind es auch heute nicht. Schon immer ging der Künstler von der Natur aus und diese Verankerung zeigt sich nicht nur in der von ihm bevorzugten Farbigkeit. Lefeldt beschäftigt sich nämlich schon lange auch intensiv mit der Fotografie und hat dabei zwei Werkgruppen geschaffen, die direkt in seine Malerei eingedrungen sind. Es handelt sich zum einen um die Aufnahmen von verwitterten Gemäuern und alten Hausfassaden, die Lefeldt 2004 in der mittelitalienischen Maremma entdeckte. Die Schönheit des abseits Gelegenen, Unbeachteten faszinierte ihn, doch ging es in dieser Fotografie nicht um Aspekte wie Vergänglichkeit oder Zerfall, sondern um die Zusammenhänge zwischen verschiedenen Strukturen und deren Beschaffenheit. In seiner Malerei verweisen jene Bilder auf diese Aspekte, in denen seine Gebilde an formalen Gerüsten verankert sind, wir beispielsweise rechte Winkel wie von Fensterrahmen oder Mauern finden. Diese Elemente führen in seinen Kompositionen ein Eigenleben, doch sie halten auch eine zart schwebende Verbindung zur Realität. Daher würde ich Lefeldt als einen Spurensucher und Entdecker bezeichnen, dessen Bildkompositionen mehr dem Finden als dem Erfinden geschuldet sind. Dies zeigt auch der zweite fotografische Ausgangspunkt seiner Malerei, die sog. "Teichbilder", für die er oftmals kleine Ausschnitte gewählt oder Makroaufnahmen gemacht hat. So verfügt bereits dieses fotografische Ausgangsmaterial über einen stark abstrahierenden Charakter. Man sieht diesen Aufnahmen an, dass er durch den Sucher seiner Kamera so lange hingeschaut hat, bis die Dinge ein Geheimnis bekommen haben. Das Thema seiner Malerei formt sich entsprechend gegenstandsfrei und verweist - ohne den Ursprung davon zu zeigen - auf dynamische Vorgänge, auf das Motiv von Bewegung und Veränderung an sich. So wird das Bild zu einer Farblandschaft, deren strukturreiche Dynamik mitunter an das Überfliegen von Naturraum erinnert.
Fassen wir also nochmals zusammen: Fotografie und Malerei auf Papier sind in diesem Werk eng verbunden - materiell, aber auch ästhetisch und sie entwickelten sich organisch auseinander. Hier wie da geht es dem Künstler nicht um ein abbildendes Vorgehen, vielmehr sucht er unermüdlich nach Strukturen, die den Aspekt des Wachsens, der natürlichen Formenbildung und prozesshaften Umgestaltung in sich tragen. Seine jahrelange, intensive Auseinandersetzung mit diesem Thema hat dazu geführt, dass er die Fotografie nicht mehr als direkten Ausgangspunkt benötigt. Inzwischen ruft Lefeldt das Material für seine Bilder in seiner Imagination auf. So kann man auch nicht immer zwischen reinen Teich- und Mauerbildern unterscheiden, sie haben sich zu einem allgemeingültigen Seherlebnis vermischt, das sich nicht auf eine verbindliche Thematik festlegen will. Lefeldt gibt lediglich Anstöße und will mit seinen Gestaltungen die Fantasie des Betrachters anregen.
Beeindruckend ist der Mauerblock aus 60 kleinformatigen, quadratischen Arbeiten von 2018. Seit 2004/05 sind rund 750 dieser kleinen Kompositionen entstanden, die Lefeldt auch als "modulare Wandinstallationen" bezeichnet. Es sind "Miniaturgemälde", denn es handelt sich nicht um Werke mit Skizzencharakter, sondern um autonome Kunstwerke, die während ihrer Entstehung zwei bis drei verschiedene Zustände durchlaufen und dabei Struktur, Duktus und Rhythmus verändert haben. Nie entstehen sie schnell oder spontan in einem Wurf, immer geht ihnen ein intensiver Gestaltungsprozess voran. Schicht um Schicht wird der Zeitfaktor quasi in sie hinein gemalt. Lefeldt sieht diese Werke selbst als ein Kaleidoskop seiner inneren Bewegung, als Tagebücher, die einen Kosmos von Stimmungen und Strukturen zeigen.
Seit 1970 beschäftigt sich Thomas Lefeldt mit der Malerei und Fotografie und gleichzeitig absolvierte er ein Klavierstudium an der Musikhochschule Detmold. Sicher ist er vielen von Ihnen als Musiker und Komponist bekannt. Musik und Malerei werden von ihm jedoch komplett getrennt voneinander behandelt und so möchte ich lediglich anmerken, dass das hartnäckige und ausdauernde Streben nach Qualität ein Wesensmerkmal des Künstler ist. Beliebigkeit ist etwas, das sowohl der Musiker als auch der bildende Künstler Thomas Lefeldt zutiefst ablehnt.
Sehr geehrte Damen und Herren, ich habe anfangs schon erwähnt, dass Lefeldt in seinen Materialbildern bis an die Grenzen zur dritten Dimension geht. So war es ein konsequenter Schritt, sich schließlich auch dem Objekt zuzuwenden. Dies ist vor einigen Jahren geschehen, um 2011 begann Lefeldt damit, Röhren und Stäbe mit einer dünnen Farbhaut zu überziehen. Eng schließen sich diese Malereiobjekte an sein bildnerisches Werk an und es ist beindruckend, mit welcher Konsequenz sich dieser Künstler über die Jahrzehnte hinweg treu geblieben ist und damit ein schlüssiges, monolithisches Oeuvre geschaffen hat.
Eröffnungsrede von Clemens Hunger am 21. Oktober 2016, anlässlich der Vernissage im Kunstforum Hochschwarzwald, Titisee-Neustadt

Wie kann es denn überhaupt dazu kommen, dass einer so malt, wie sie es hier sehen können?
Vielleicht dadurch, dass der Vater im nebenberuf Fotograf und Landschaftsmaler ist, und die Mutter eine Pianistin? Dieses schöpferische Potential ist sogleich mit der Muttermilch aufgesogen worden. Durch ein derart motiviertes Elternhaus hat das Hamburger Kind schon frühzeitig zum Malstift oder später dann zur väterlichen Kamera gegriffen, entwickelte in der hauseigenen Dunkelkammer nicht nur Papierabzüge sondern damit auch überhaupt seine künstlerischen Ambitionen.
Malend fertigte der kleine Thomas wundersame landkartenhafte Zeichnungen an, zog wegartige Linien, Flüsse mäanderten über die Papieroberfläche, er komponierte Luftbilder imaginierter Landschaften, nahm die Vogelperspektive ein, noch lange bevor die Menschheit mit google earth beglückt ward.
Später dann zeichnete der Knabe Landkarten getreu ab; regional, überregional, international. in den 60ern schrieb er sogar den albanischen und rumänischen Rundfunk an, ob man ihm nicht topografische Karten zum abzeichnen schicken könne, was diese prompt taten und ihm als Dank für sein jugendliches Interesse noch jahrelang Weihnachtsglückwünsche übersandten.
Er hätte Kartograph werden wollen und können.
Er wurde künstler, Gott sei Dank, Musiker, Pianist in erster Instanz ohne jedoch das andere, das Fotografieren und Malen, je zu lassen.
Er ist ein Suchender und er findet.
Als komponist Melodien, als Fotograf Motive, als Maler Beglückung.
Er horcht, schaut, stimmt sich in Natur- und Kulturräume ein und entnimmt diesem Kosmos des Alltäglichen mit geschulter Wahrnehmung die ausschnitthaften Motive, die er erst fotografisch festhält und die ihm als freie Vorlage für seine Malerei dienen. Er ist also noch immer auf höhenflugartigen Streifzügen unterwegs, sucht im Umfeld verwitternder Bauwerke oder monetscher Wassseroberflächen seine Ausschnitte -zoomt sich im entscheidenden Augenblick heran, hält fest, was er für sehenswert befindet.

Teichbilder, Mauerbilder nennt er sie. Fotografien, die für sich schon vollkommen sind. Warum sie noch malen?
Der Künstler selbst: ich schaue auf die Erde, mache Fotos und denke, dass sind alles noch nicht gemalte Bilder.
Der rumänische Bildhauer Brancusi hat einmal formuliert: warum soll ich über meine Skulpturen sprechen, wenn ich sie doch fotografieren kann. Umgekehrt dazu vielleicht ein Thomas Lefeldt: was meine fotografien zeigen, darüber muss ich nicht sprechen, wenn ich es auch malen kann.
Was dabei herauskommt sind nicht länger bloss künstlerisch wertvolle Abbildungen einer realen Welt, sondern wirkliche Neuschöpfungen, unentdeckte Landschaften innerer nicht äusserer Natur. Sinnlicher als die Fotografien es je sein könnten, weil dem entmaterialisierten Ausschnitt durch den Malprozess wieder eine stoffliche Dimension hinzugefügt wird und sich zu einem völlig eigenständigen Bild umgestaltet. Aus dem bekannten, dem schon Gesehenen entsteht das noch nicht Gesehene. Es ist das, was einen künstlerischen Prozess ausmacht, wo angeknüpft an Vorhandenes, gleichzeitig aber in das Reich des noch nicht Vorhandenen, des noch Unbekannten, dem noch nicht Gesehehenen vorgedrungen wird, um an einem Schöpfungsakt teilhaftig zu sein und zugleich immer auch neu zu sich selbst geführt zu werden.
Eine echte Kulturtat also.
Was aber hat das nun mit Ihnen zu tun?
Sie haben als Betrachtende nun in ähnlicher Weise die Möglichkeit, sich in diese topografischen Bildwerke zu versenken und im Durchwandern dieser landschaftlich und architektonisch anmutenden Motive wiederum ihre eigenen, ganz persönlichen Ausschnitte zu entdecken, um sich als aktiv kreative Teilhaber die hier gezeigten Bildwerke ideell oder auch bitte schön materiell anzueignen.
Schauen sie sich die ganze Ausstellung an, der Künstler hat das seinige getan, jetzt sind Sie an der Reihe, ihre Aufmerksamkeit vollendet den künstlerischen Prozess erst, lassen sie sich von den Bildern berühren, werden sie ein Teil von ihnen und umgekehrt. Sie brauchen sie und umgekehrt.
Deshalb sind Sie möglicherweise hier.
Und darum sind die gezeigten Werke an einem solchen Ort in der Natur mit ihnen als Betrachter so sinnstiftend.
Franz Grillparzer formulierte es einst so: die Kunst verhält sich zur Natur wie der Wein zur Traube – also stossen wir an:
Natürlich auf die Kunst und selbstverständlich auf den Künstler.
Katalog "Zeitgenössische Kunst aus der Regio" - Kunstbestand der Baden-Württembergischen Bank, Freiburg 1994:
 
Hin und wieder trifft man sie, Maler, die auch Musiker sind, Musiker, die malen. Geradezu reflexhaft werden dann Vergleiche gezogen, suchende Blicke und gespitzte Ohren: Ist in diesem Bild nicht etwas von der Musik dieses - selben - Menschen? Hört man aus den musikalischen Kompositionen die malerischen heraus?
Thomas Lefeldt, 1949 in Hamburg geboren, hat ein Klavier- und Kompositionsstudium an der Musikhochschule Detmold absolviert bevor er 1980 nach Freiburg kam, um als Klavierpädagoge und freischaffender Maler zu arbeiten. Er ist Musiker und Maler, und er liebt die Suche nach Vergleichen, Parallelen und Schwerpunkten nicht. Die Musik ist eine Sache, die Malerei eine andere.
 
Ein Zugang zu den Bildern des Künstlers erschließt sich über die von ihm bevorzugten Arbeitsmittel. Teer, Sand, Asche, verschiedene Töne isländischer Lava und getrocknetes Gras gehören zum festen Ensemble der Lefeldt'schen Arbeiten, deren Farbigkeit sich unmittelbar von diesen Materialien ableitet: Es sind Naturtöne, Weiß und Schwarz - erst in jüngster Zeit treten Blau, manchmal Rot hinzu. Schon dieses Repertoire rückt Lefeldts Bilder näher an eine weit gefasste Gegenständlichkeit als an die streng genommene Abstraktion. Der Naturbezug der Materialien und die Art ihrer Behandlung rührt an Gesehenes, auch wenn der Betrachter sich nicht sofort zu erinnern vermag: Zu beiläufig streifte die Struktur eines Waldbodens, der halbverfallenen Mauer hinter dem Garten sein Bewusstsein. Der Künstler hat sie wahrgenommen. Er hat das scheinbar Vertraute genauer und immer wieder betrachtet, bis es sich vor seinen Augen veränderte, zuerst fremd wurde, sich dann als eine eigene Welt, mit eigenen Regeln und Gesetzmäßigkeiten, offenbarte.
 
Besonders in den hellen Bildern ist ein nächster Schritt leicht vollzogen. Sandige Dünen mit vom Wind bewegten Gräsern heben die Bilder schnell über die Struktur hinaus zu den Elementen: Luft und Wasser stecken in den Bildern; und wie die Elemente nach Aristoteles ineinander umwandelbar sind, haben Teer, Asche und die vielfarbige Lava erdige Qualität und tragen doch noch das Feuer in sich.
 
Lefeldt hat in der Konzentration auf winzige Ausschnitte der Erdoberfläche die vier Elemente gefunden.
Kathrin Erggelet
Der Blick auf den Boden
 
Max-Planck-Institut für Immunbiologie Freiburg 1988
 
Der Maler Thomas Lefeldt
 
Thomas Lefeldts Bilder, zur Zeit im etwas abgelegenen Freiburger Max-Planck-Instiut für Immunbiologie zu sehen, sind das Ergebnis einer beharrlichen Spurensuche. Ausschließlich geht es in ihnen um die Erfahrungen und Entdeckungen, die man machen kann, wenn man den Blick intensiv auf den Boden richtet. Erst aus diesem „forschenden” Nach-unten-Schauen, der Konzentration auf das scheinbar Nebensächliche, ergibt sich für den bei Freiburg lebenden gebürtigen Hamburger die Möglichkeit, die „Welt” zum Bild zu formen. Ein mikroskopischer Blick also. Die Wirklichkeit ist bei Lefeldt ein Mikrokosmos aus dunklen, erdigen Brauntönen, trockenen roten Pigmentflecken und krakeligen Schwarz-Lineaturen. Eine informelle Materialcollage aus Gräsern, Vulkanasche, Sackleinen, aus fetten Schwarzverläufen und verschmutzten Weissbahnen. Ein Schattenreich, in dem unvermischte leuchtende Farben beinahe nicht vorkommen. Das klingt düsterer, als es ist, denn trotz der moll-gefärbten Grundstimmung geht es auf den Bildern des knapp 40jährigen Autodidakten weniger um die Erfahrung des Verfalls, als um eine elementare Neugier: Hier versucht einer herauszufinden, was passiert, wenn man ganz nahe an die Dinge herangeht.
Das kann ungeheuer kraftvoll aussehen, wie auf dem großformatigen „Torso I”, in dem der schwarze Mittelpunkt wie ein aufgerissenes Körperinneres von dem umgebenden Weiß in die Bildecken verspannt wird. Es kann kostbar und sinnlich wirken wie in den kleinen poetischen Collagen aus Gazestreifen, flatterndem Weiß und dezenten Rottupfern, oder auch irritierend doppelbödig.
Tobias Mauthe
Badische Zeitung, 14. September 1985:
 
Schwarz, nicht als Abdeckung, sondern als Kontrast zu Flächen und Formen, die schließlich in einem krassen Weiß ihren Höhepunkt finden, dominiert auch im Werk von Thomas Lefeldt, der in der der alten Evangelischen Kirche in Kirchzarten seine Gemälde vorstellt. Von der Musik herkommend, eröffnen sich für ihn mit dem Medium Malerei neue Aussagemöglichkeiten. Losgelöst von gegenständlichen Vorlagen, hat er sich dem Primat der Farben verpflichtet, die er in der Auswahl begrenzt, in der Wirkung aber durch die Arbeit mit spannungsgeladenen Kontrasten und durch eine „wilde” Maltechnik beinahe ins Explosive steigert.
Die Kombination der Materialien, von Öl- über Acrylfarben, Bleistift, Kreide bis zum Bitumen sowie die mit Papier beklebte Leinwand verleihen den Bildern einen faszinierenden, mitunter beunruhigenden Charakter.
Marion Kouremetis
Badische Zeitung, 15. September 1985:
 
Thomas Lefeldt stellt im Kunstverein Kirchzarten aus
 
Lefeldts Kunstrichtung ist die informelle Malerei: Seine Kunst ist gegenstandsfrei, versucht nicht, anhand einer allgemein verständlichen Symbolik etwas Bestimmtes auszudrücken. Seine Gemälde werden durch den Rhythmus und die Struktur ineinander greifender Flecken und Linien geprägt.
Schwarz, Weiß und Grauschattierungen dominieren in Lefeldts Bildern. Nur hin und wieder schimmern Ocker, Braun oder Rot durch, manchmal weist das Grau eine bläuliche Tönung auf. Der Künstler arbeitet zumeist mit Acrylfarben, die er mit Pigment-, Ölfarben, Blei, Kreide oder Bitumen kombiniert. Fast alle Bilder haben eine bewegte Oberflächenstruktur, die durch Aufkleben von Materialien wie Stoff, Kordeln oder Knöpfen oder aber durch Auftragen und Modellieren dicker Farbschichten entstanden ist. Die dreizehn ausgestellten Kunstwerke wirken vorwiegend düster: Schwere schwarze Flächen drücken auf den helleren Teil eines Bildes, grelles Weiß sticht aggressiv zwischen zwei dunklen Flächen hervor, wirre Linien überziehen gleich Spinnenarmen oder bedrohlichen Rinnsalen, aber auch gleich Wurzeln oder Wegen in einer von oben betrachteten Landschaft die scharf voneinander abgesetzten oder verschwimmend ineinander übergehenden verschieden schattierten Farbflecken.
Dass in den Bildern nichts begrifflich Erfassbares ausgedrückt werden soll, dass der Malvorgang selbst den Charakter des Bildes fast stärker prägt als die Vorplanung, so dass die Komposition einer Intuition einem kaum nachvollziehbaren subjektiven Erleben im Moment des Gestaltens entspringt, erschwert die Beschreibung der Gemälde. Der Betrachter von Thomas Lefeldts Bildern ist stets versucht, bekannte Formen (einen Baum, eine menschliche Gestalt, einen Tierkopf) herauszulesen und durch die eigene begriffliche Interpretation dem Bild eine Bedeutung abzugewinnen, die der Maler nicht oder zumindest nicht ausdrücklich hineingelegt hat. Vielleicht liegt gerade darin jedoch der Reiz dieser Malerei: Dem Künstler ist schwer auf die Spur zu kommen, jeder Betrachter kann dafür selbst aus dem Bild herausholen, was er darin sucht, und wird so beim Anschauen zu eigener Kreativität angeregt.
Sina Schuler
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